Gedenkrede zum 50. Todestag von Prof. Josef Gasser 1873-1957 Neustift, Augustini-Saal Sonntag 11.11.2007 von Martin Peintner
Wir wollen unser Zusammenkommen nicht als ein Jubiläum feiern, sondern als ein ehrvolles Gedenken an die 50 Jahre, die seit dem Tode des Hochverehrten Meisters der Musik, Prof. Josef Ganser am 10.Jänner 1957 vergangen sind. Den Tod und das Ende des Lebens nehmen wir eigentlich nicht so gerne als Anlass besonderer Feiern. Aber je nach der Berühmtheit und Bedeutung des Menschen, den viele noch kannten, scheint es, als ob Geburt und Tod, Anfang und Ende zu einer eigenartigen Gegenwart verschmelzen würden.Wenn wir hier und heute des 50. Todesjahres von Prof. Josef Gasser gedenken, so tun wir dies, indem wir Einiges aus seinen Werken hören und einen bescheidenen Ausschnitt aus seinem reichen Leben erfahren können.
Seine Lebensdaten
Am 24. März 1873 wurde Josef Gasser in Lienz als Sohn eines Kupferschmiedes geboren und verlebte da seine unbeschwerte Kindheit zusammen mit seinen Brüdern Hans und Vinzenz. Seine Mutter, die er zeitlebens hoch verehrte und deren Bildnis über seinem Klavier hing, war sehr musikalisch. Von ihr hat der Meister wohl sein Musiktalent geerbt. Im Jahre 1882 kam der kleine Gasser-Knabe mit 9 Jahren nach Neustift in das Singknaben-Institut, wie die Klosterschule damals genannt wurde. Da erhielt er nun seine erste gründliche Ausbildung in Gesang, Geigen-, Klavier- und Orgelspiel.
Zu seinen Mitschülern zählte damals auch der spätere Komponist Vinzenz Goller und Hans Baur aus Toblach. Nach zwei glücklichen Jahren kam Gasser als Zögling in das Kassianeum nach Brixen und besuchte das Augustinergymnasium. Auch sang er als Sopranist am Domchor. Viel zu lange wie er später sagt. Wegen schwerer Krankheit musste er das Studium abbrechen und kam von Brixen weg. Nach seiner Genesung bereitete er sich in der Lehrerbildungsanstalt in Innsbruck auf das Lehramt vor. Nach Abschluss der Studien in Innsbruck wurde Josef Gasser also Volksschullehrer in Haringsee, in der Nähe von Wien. In jene 4 Jahre seiner Lehrertätigkeit, in denen er regen Anteil am musikalischen Leben der Kaiserstadt nahm, viel der Tod von Anton Bruckner und von Johannes Brahms. An beiden Beisetzungsfeierlichkeiten hat Herr Gasser teilgenommen. Aber so ganz glücklich war er mit dem Lehrerberuf nicht. Es drängt ihn immer mehr hin zur Musik. Mit 25 Jahren gab er den Lehrerberuf auf und 1898 treffen wir ihn zusammen mit seinem Freund Vinzenz Goller auf der Kirchenmusikschule zu Regensburg. Nach deren Abschluss trat er seine erste Stelle als Chorregent und Organist in Kaltern an. Zugleich war er Chormeister der dortigen Liedertafel. 10 Jahre lang war der Herr Gasser als Genius loci der Musik bei den Kalterer Herrgottskindern im gesegneten Weinland. Da entstanden auch seine ersten Kompositionen. Motetten, Stücke für die Hausmusik und für das Kalterer Theaterleben. Das war eine schöne Zeit für ihn. Wenn er aber von Kaltern weg dem Ruf als Chorregent im Stift Wilten gefolgt ist, dann wohl deswegen, weil er in Innsbruck ein größeres Betätigungsfeld in der Musik sah. Der Chor von Wilten blühte unter seiner Leitung mächtig auf und erlebte unter ihm eine Glanzzeit. In dieser Zeit datieren wieder diverse Kompositionen. Daneben wirkte er als Violaspieler im städtischen Orchester, er war ein geschätzter Klavierbegleiter bei Liederabenden und ein unermüdlicher Lehrer für Orgel- und Klavierschüler, für Gesang, Geige und Viola. Soviel Anstrengung hat seiner Gesundheit nicht gut getan.
Das war dann auch der Grund, warum der Herr Gasser nach 14-jähriger Tätigkeit die Stelle in Wilten aufgab. Im Jahre 1922 hielt man in Neustift Ausschau nach einem Chorleiter aus dem Leihenstande. Es war sonst hier seit jeher üblich, dass ein Stiftsherr dieses Amt bekleidet hat. Aber nach dem ersten Weltkrieg hatten die Chorherrn keinen geeigneten Musiker mit entsprechender Ausbildung, der dieses Amt zufrieden stellend ausgefüllt hätte. Wiederum war es Vinzenz Goller, der die Chorherrn auf Josef Gasser in Wilten aufmerksam machte. So kam der Herr Gasser 1922 an den Ort zurück, wo er seine erste Ausbildung bekommen hatte. Und hier lebte er dann bis zu seinem Tode am 10.01.1957. Aber mit seiner Gesundheit stand es gleich nach seinem Eintritt in Neustift nicht zum Besten. Das ganze erste Jahr war mit kurzen Unterbrechungen krank. Mit aller Mühe konnte er in der Christnacht zu Weihnachten das Hochamt spielen. Und in dieser Stunde erlebten die Neustifter Mettenbesucher etwas ganz Einmaliges: Den weihnachtlichen Vogelgesang, den der Herr Gasser, übrigens auch später noch öfters, der Orgel entlockte: Den Kuckucksruf, den Wachtelgesang und die Amsel. Nach einem ausgiebigen Genesungsurlaub bei seinen Freunden in Kaltern und in seiner Heimat Lienz besserte sich sein Gesundheitszustand so weit, dass er im Herbst 1923 mit seiner Arbeit wieder beginnen konnte. Und diese Tätigkeit dauerte dann 34 Jahre lang. Man konnte sich den Herrn Gasser eigentlich nur gesund vorstellen. Ja er konnte ganz schön ärgerlich werden wenn die Sängerbuben im Winter einmal verkühlt und heiser waren. Dann sagte er: „Es ist doch zu dumm! Kaum ist ein Wölkl am Himmel, dann sind die heiser. Es ist rein nichts zu machen mit diesen Leut.“ Der Herr Gasser war kein Sänger mit einer gängigen Tenor oder Bassstimme. Er sagte, ihm man habe ihn zu lange Sopran singen lassen und so seine Stimme verdorben. Er konnte aber sehr wohl mit seiner dünnen Fistelstimme dem Sopran die Einsätze in der normalen Höhe angeben. Wir Klavierschüler in der Klosterschule hörten von ihm nie ein Lob.Viel öfters hieß es da schon: „So, der kann heute aber wenig!“ Oder: „Ach Gott, das könnte besser gehen!“ Nach Ende der Übungszeit immer der gleiche Spruch: „Genug also!“ Wenn man dann gegrüßt hat: „Grüß Gott, Herr Gasser“, hörte man als Antwort: „Gooot“. In den langen Gängen des Institutes hat er auf dem Weg zum Musikzimmer vor Ecken gerne noch einmal Halt gemacht, um sicher zu sein, dass nicht Gefahr besteht, überrumpelt zu werden von einem Schülerpulk, der in Hast und Eile verbotener maßen durch die Gänge saust. Zu Weihnachten 1924 ging der Herr Gasser mit den Sängerbuben zum ersten Mal Sternsingen. Damit griff er einen alten Neustifter Brauch auf, der wohl in die Zeit der mittelalterlichen Mysterienspiele zurückgreift, vom österreichischen Minister Fürst Metternich um 1848 verboten worden war. Unter Josef Gasser erlebte das Neustifter Sternsingen feierliche Urständ. Im Laufe der folgenden Jahre komponierte und setzte er eine ganze Reihe von Sternsingerliedern, die 1937 in einem Büchlein veröffentlicht wurden. Die Neustifter Sternsinger mit ihrem würdevollen Auftritt und mit ihren prächtigen Kostümen haben ihn überlebt. Heute sind es nicht mehr die Singbuben, sondern 9 Sänger des Neustifter Männerchores, die diesen Brauch weitertragen und seine Lieder singen. Es soll nicht vergessen werden: Wenn die Neustifter Sternsinger kommen, so ist das Herr Gassers Werk und er zieht im Geiste mit ihnen. Nun möchte ich kurz Bezug nehmen auf das Wirken Josef Gassers in Neustift. Eines gleich vorweg: Er war ein ausgezeichneter Organist. Schon zu seiner Zeit in Wilten hat er mit seinen originellen Improvisationen von sich reden gemacht. Es gab Leute genug, die gesagt haben, dass in Neustift kein Festtag ist, wenn der Herr Gasser nicht an der Orgel ist. Jedes Fest war für ihn ein besonderes inneres Erlebnis des Glaubens. Daraus entquollen seine schönsten Melodien und das herrliche Spiel. Seine großen Quartette hat er nach den Hochfesten des Kirchenjahres benannt: Weihnachten, Ostern, Pfingsten. Ganz besonderer Art war sein Orgelspiel zur Weihnacht. Da hat ihn einmal einer gefragt, ob in dieser Nacht auch wieder die Vögel singen werden. In dieser Nacht sagen sie nicht.
Herr Gassers Unterricht
Als Chorregent hatte er es nicht leicht. Die Institutsschüler waren nur zwei Jahre in der Klosterschule. Und so musste er jedes Jahr wieder neu anfangen. Von Anfang an hat er aber immer auch musiktalentierte Buben vom Dorf Neustift zu den Singstunden dazu genommen. Die waren ja mehrere Jahre einsatzbereit. Ihnen gab er auch gerne Instrumentalunterricht in Klavier, Geige Zither und Gitarre. Er selber, der große Meister, musste sich in de Kirchenmusik mit den einfachsten Werken begnügen. An großen Festtagen kamen aber dann doch wieder einmal Messen zur Aufführung, die eigentlich für Orchesterbegleitung geschrieben waren. Herr Gasser kannte sie alle von seiner Wiltener Zeit her. Bei der Aufführung hörte er nicht nur das Orchester, er spielte es auch auf der Orgel. Der Herr Gasser unterrichtete nicht nur Gesang, sondern erteilte auch Unterricht für die verschiedensten Instrumente: Klavier, Geige Zither und Gitarre, Flöte, Klarinette und Flügelhorn. Ein Instrument lehnte er sonderbarerweise kategorisch ab, die Ziehorgel. Warum weiß ich nicht. Mit einem verschmitzten Lächeln sagte er einmal:„Jetzt nennen sie diese sogar Akkordeon.“
Das kompositorische Schaffen Josef Gassers
In der Zeit von 35 Jahren wurde seine stille Klause in Neustift zum Ort, wo in einem primitiven Regal seine Werke sich zu häufen begannen. Jedes Blatt mit einer eleganten Notenschrift, als ob es ein Engel geschrieben hätte. Viele Werke sind für den Normalverbraucher sicher zu schwer. Er konnte aber sehr wohl auch praxisnah komponieren: Lieder und Chöre, die er selber in Neustift machen konnte: Marienlieder für die Maiandacht, Advent-und Kommunionlieder, sowie Chöre für die Festtage. Zu seinen Lieblingskindern zählte der Herr Gasser seine Singspiele, die er in den 30 er Jahren für die Singknaben komponierte. Dafür hatte er seinerzeit in Kaltern schon einen geeigneten Textdichter kennen gelernt, August Leitner, der ihm die Texte mundgerecht und musikanregend zu liefern verstand.
So entstanden 1935 die Singspiele:
Alle wurden im Entstehungsjahr und auch später noch mit großem Erfolg aufgeführt. Nicht zu vergessen ein mehrteiliges Adventspiel, ein Nikolaus und ein Dreikönigspiel.
Der Herr Gasser hat versucht, seine Singspiele den Wiener Sängerknaben zu empfehlen. Er war mit dem Direktor verabredet und legte diesem ein paar Singspiele vor. Dieser empfand aber alle zu naiv und lehnte höflichst alles ab. Das hat den Herrn Gasser schwer getroffen. Einen weiteren Schlag bekam er durch das abträgliche Urteil eines Schweizer Kirchenmusikers, der in Südtirol lebte und wirkte. Wenn ein solcher Mann an seinem Können zweifelte, dann glaubte der Herr Gasser aufgeben zu müssen. Diese Urteile haben ihn schwer getroffen. Ganz anders war sein Freund Goller, den das gleiche abträgliche Urteil traf. Der konnte nur lachen, nahm es locker und sagte: „Ich weiß schon wer und was ich bin“. So hortete der Herr Gasser nun alles in der Schublade seines Schreibtisches. In den 30er Jahren wandte er sich auch mehr der weltlichen Musik zu. In der Zeit von 1924-1940 entstanden mehr als 50 Lieder zu Texten von Tiroler Dichtern, 7 gemischte Chöre für Tiroler Orte und Landschaften sowie diverse Männerchöre. Es folgte das große Chorwerk, „Die Tageszeiten“, 5 Streichquartette, eine Klaviersonate und eine ganze Reihe von Instrumentalwerken mit verschiedener Besetzung. Sein Schmerzenskind war die Oper: „Die Banditen“. Das Libretto hiezu war einfach nicht gut und das Werk wurde auch nie ganz fertig. Aber daraus machte der Meister eine 3sätzige Orchestersuite, setzte auch den Banditenchor und die Ouvertüre in Orchesterfassung. Der Herr Gasser war eigentlich vor allem Kirchenmusiker, aber für die Kirchenmusik kam er in der ersten Zeit über einfache Chorsätze für den Hausgebrauch nicht hinaus. Ihm mangelte es an einem großen Ziel und Auftrag. Aber dann kam der große Durchbruch für ihn. Das Kloster Neustift gedachte im Jahre 1942 sein 800 Jähriges Gründungsjubiläum zu feiern. Der damalige Prälat Ambros Giner besprach sich wegen der musikalischen Gestaltung des Festes mit dem damaligen Brixner Domkapellmeister Don Angelo Alverà. Dieser empfahl dem Prälaten, den Herrn Gasser zu ersuchen, eine Festmesse zu komponieren. Der Herr Alverà verstand es, den wegen der vorausgegangenen negativen Urteilen entmutigten Meister innerlich wieder aufzurichten und ihm neuen Mut zu geben. Und so machte sich der Herr Gasser ans Werk. Mit einem Male trat er als bedeutender Komponist an die Öffentlichkeit. Zum großen Jubiläumstag am 30. August 1942 wurden gleich 6 seiner Werke uraufgeführt unter der Leitung von Herrn Alverà mit seinem Domchor. An der Orgel saß der Meister selbst. Es waren dies: Die Missa sollemnis, das Tedeum, zwei Motetten, ein Heilig-Geist-Chor und ein Tantum ergo. Durch diesen Erfolg war das Eis gebrochen. Josef Gasser war glücklich und der Domkapellmeister auch. Das erworbene Selbstvertrauen hatte zur Folge, dass der Herr Gasser allen Wünschen des Domkapellmeisters nachkam und für alle Feste des Kirchenjahres dem Domchor die großen Motetten komponierte. Allein diese Werke aus den Jahren 1943-53 würden den Herrn Gasser einen guten Platz in der Reihe großer Kirchenmusiker sichern.
Ehrungen:
Für sein künstlerisches Schaffen erhielt Josef Gasser auch eine Reihe von Auszeichnungen: Zum 80.sten Geburtstag verlieh ihm der damalige österr. Bundespräsident Dr. Renner den Professorentitel. 1952 wurde er Ehrenbürger seiner Heimatstadt Lienz. Nach ihm wurde dort auch eine Straße benannt. Er war Ehrenmitglied des Südtiroler Künstlerbundes und erhielt den Ehrenring der Stadt Brixen. Heute trägt das pädagogische Gymnasium in Brixen und die Volksschule in Neustift seinen Namen.
Der Mensch Josef Gasser
Der Herr Gasser war ein durchaus bescheidener Mensch. Wie sehr ihm die erwähnten Ehrungen auch zustanden, er selber war es nie, der äußere Ehrungen wünschte. War er irgendwo eingeladen, wo Chöre und Stücke von ihm aufgeführt wurden, so setzte er sich bescheiden irgendwo hinten hin. Er war dann verlegen wie ein Kind, wenn er am Schluss zum Applaus nach vorne vor die Leute gebeten wurde. Seine Erscheinung fiel überall auf. Dieser Charakterkopf mit den langen, wallenden Haaren und dem weißen Bart, ein weitkrempliger Hut, ein jugendlicher Blick und Gang, alles machte ihn zu etwas Besonderem, zu einem Bild aus der guten alten Zeit. Er schritt elastisch, eine Melodie summend, mit beiden Händen an den Rockaufschlägen durch die Korridore auf dem Weg zum Musikzimmer. Er war mit Leib und Seele mit dem Kloster Neustift verbunden. Ein Chorherr ohne Ordenskleid, könnte man sagen. Er war das Bild einer besseren Welt, ein für alles Schöne in der Natur begeisterter Künstler, ein lieber Mensch. Die Kinder haben ihn einmal gefragt, ob er der hl. Nikolaus wäre. Darüber konnte er herzlich lachen. Einmal fuhr er mit einem Chorherrn am Brenner über die Grenze. Da kam der Zöllner auf der ital. Seite und sagte: „Wenn San Giuseppe dabei ist, ist alles in Ordnung“. Die beiden waren auch einmal in Florenz. In einem Restaurant kam der Ober und sagte: „Giuseppe Verdi wird zuerst bedient“. Solche Erlebnisse nahm der Herr Gasser lächelnd zur Kenntnis. Das Essen war für ihn immer so eine eigene Sache. Wie sehr er auch sonst in den Familien gerne gesehen und als Gast geschätzt war, für die Hausfrauen war stets so ein gelinder Alptraum. Er war nicht heikel, aber er tat so, als ob er eine Flüssigkeit in ein kostbares Gefäß geben wollte - vorsichtig und langsam. Als er nach Neustift kam, wollten ihn die Chorherren an ihrem Gemeinschaftstisch haben. Das ging aber nicht lange gut. Es ging ihm alles zu schnell. So eine besondere Askese kann ja wohl hundert Winkel und Falten haben.
Es naht das Ende
Im Spätsommer 1956 ging sein musikerfülltes Leben langsam dem Ende zu. Nach Schulbeginn im Herbst hielt er zwar noch Singstunden, war aber schon nicht mehr gesund. Am Fest der hl. Cäcilia spielte er sein letztes Amt und schloss mit einem Nachspiel auf der Orgel. Zu Weihnachten war er ganz trostlos, weil er nicht mehr zur Orgel hinauf konnte. Vom Bette aus dirigierte er die Sternsinger für die erst neu komponierten Lieder. Er gab ihnen klare Anweisungen, wie sie auf und abtreten sollten. Am 10. Jänner vormittags bat er seine Nichte, sie möge ihm Mozart vorspielen. Am Abend dieses Tages verschied der Meister Gasser still und friedlich. Sein Tod hat alle in Trauer versetzt, hat ein Gefühl der Leere und Verlassenheit hervorgerufen, wie es immer ist, wenn große Menschen von uns scheiden. Die Feierlichkeit zu seiner Beerdigung am 14. Jänner 1957 ward gehalten wie für einen souveränen Fürsten. Sein „Justorum animae“ klang durch das Kirchenschiff und sein Magnifikat am Grabe, gesungen vom Domchor, war wie ein Triumphgesang seines Glaubens an das ewige Leben. Seither sind 50 Jahre vergangen. Die Kränze der Rosen sind längst verblichen und sein Grab im Winkel der Neustifter Marienkapelle ist ebenso bescheiden wie er selber im Leben war. Für alle Musiker mögen die menschlichen Qualitäten des großen Tonkunstmeisters Josef Gasser als Ideal der Berufsauffassung beispielgebend sein. Er hat es verdient, nicht vergessen zu werden. Sein Glaube an das Gute und Schöne in der Welt, seine Liebe und Treue zur Musik mögen uns allen ein verpflichtendes Testament sein.